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Afrikas Trommeln
Afrika und seine Trommeln stellen eine untrennbare Einheit
dar und obwohl weltweit getrommelt wird, gibt es auf keinem anderen
Kontinent eine vergleichbare Vielfalt an verschiedenen Trommelinstrumenten
und Ausdrucksformen.
Von den südafrikanischen Zulus über die nigerianischen Yorubas
bis nach Westafrika wird in Schwarzafrika getrommelt, aber die absoluten
Hochburgen der Trommelmusik und der Trommelkultur sind die westafrikanischen
Länder Mali, Burkino Faso, Elfenbeinküste und im ganz speziellen
Guinea, der ehemaligen französischen Kolonie.
Das Spielen der Trommeln diente früher unter anderem der
Sprach - und Nachrichtenübermittlung wie z. B. mit der Odondo, der
s.g. sprechenden Trommel der Yoruba. Trommeln diente aber auch der
Unterstützung von Kampfhandlungen, wie es am Beispiel der kriegerischen
Zulus noch in den Burenkriegen eindrucksvoll und furchterregend
praktiziert wurde.
Besonders wichtig aber waren Trommeln bei jeder Art von Festen
oder Ritualen und damit der kulturelle Schwerpunkt vieler afrikanischer
Stämme. Zu jedem Anlass wurden die passenden Trommelstücke gespielt,
zu denen auch gesungen wurde und die durch den körperlichen Ausdruck
der Tänze erst ihre vollständige Bedeutung erhielten.
Diese
Kultur wurde in Westafrika von den Griots (Musiker und Sängerinnen)
und den Djembefolas (Meistertrommler) gepflegt und nur durch Überlieferung
auf die Folgegenerationen übertragen. Erst in den 80iger Jahren
des vorigen Jahrhunderts begann durch Kontakte von deutschen Kulturreisenden
mit einem der besten Djembefola Guineas, Famadou Konate eine systematische
Aufschrift der bisher nur mündlich oder durch "learning by doing"
überlieferten Rhythmen und Lieder der Volksstämme der Malinke, Sousou
und Bambara. Dazu musste sogar zuerst eine geeignete Notenschrift
entwickelt werden und heute findet man sehr viel Literatur und Notenblätter
von vielen, immer bekannter werdenden, westafrikanischen Trommelstücken.
Rhythmus war für mich immer schon das faszinierende Grundelement
jeder Musik und ich hätte in jungen Jahren gerne Schlagzeug spielen
gelernt. Aber es kam nie dazu und ich konnte mein Rhythmusgefühl
und meine Begeisterungsfähigkeit für Musik und Rhythmus nur beim
Musikhören und beim Tanzen ausleben. Ich sollte zwar spät, aber
noch nicht zu spät, beginnen diesen unerfüllten Wunsch zu verwirklichen
und aktiv mit dem Trommeln zu beginnen.
Auf der EXPO 2000 in Hannover im Afrikahaus kaufte ich angeregt
von der dortigen Atmosphäre spontan meine erste Djembetrommel.
Ich traf in Wiesbaden einen weißen Trommellehrer, Gavin Grosvenor,
der seine Trommelkunst u. a. auch bei Famadou Konate in Workshops
in Deutschland und Guinea erlernt hatte. Nach einem ersten Schnupperkurs
begann ich begeistert mit dem Erlernen des Trommelns nach westafrikanischen
Rhythmen und Vorbildern. Gavin vermittele uns über einen längeren
Zeitraum mit seiner gründlichen, systematischen Lehrmethode hervorragende
Grundkenntnisse der westafrikanischen Rhythmen und Spieltechniken.
Später lernte ich durch einen glücklichen Zufall den Adoptivsohn
und Lieblingsschüler Famadou Konates, dem Djembefola Tonton Soriba
Sylla kennen. (http://www.djembe-tonton.de)
Durch seine originelle und ursprüngliche Vermittlung der
afrikanischen Lebensfreude und Spielvirtuosität verfiel ich nun
endgültig dieser großen Leidenschaft und reiste Ende Januar 2006
zum ersten Mal nach Guinea zu einem Trommelworkshop.
Die wichtigsten Trommeln Afrikas
Die Trommelart |
Ursprungsländer
Volksstämme |
Beschaffenheit
und
Holzart |
Klangbild / Klangfarbe |
sprechende Trommeln:
Tama
Odondo
Kalangu / Gangan
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Senegal (Wolof)
Ghana (Ashanti)
Nigeria (Yoruba) |
schlanke Trommeln, die unter
den Arm geklemmt und mit einem Krummstock zur Nachrichten oder
Kommunikation geschlagen wurden |
hell, laut, Klanghöhen differenzierbar,
es können s. g. Trommelsprachen gespielt werden heute auch Begleitinstrument |
Ngoma |
Kongo, Zentralafrika |
große Standtrommeln aus Kambalaholz wird mit der
Hand gespielt in Zentralafrika
"Mutter aller Trommeln" |
voller Klang, weich, warm und erdig, kann sehr
gut als Konzertinstrument eingesetzt werden 3 verschiedene Größen
und Klänge |
Kpanlogo / Oprente |
Ghana (Ga) |
bauchige Holztrommel, auch UR - Konga genannt,
Spannsystem mit Pflöcken Ziegenfell (früher Antilope) |
ähnlich der Konga mit allen Klangfacetten der
Ton- und Bassschläge bis zu hellen Slaps |
Bougarabou |
südlicher Senegal (Diolo) Gambia |
kelchförmige Holztrommel z. B. aus Culcul - Holz
mit Kuhfell bespannt, Schursystem - Bespannung |
weicher und wärmer als die Djembe sehr meditative
Klangbilder |
Sabar |
nördlicher Senegal (Wolof) |
schlanke kelchförmige Holztrommel, wird mit der
Hand, oft mit Schlagstock gespielt |
ähnlich Djembe |
Djembe |
Mali Burkino Faso Guinea (Malinke, Sousou, Bambara) |
kelchförmige Holztrommel z. B. aus harten Lenke
- oder Iroko - Hölzern Schursystem - Bespannung mit Ziegenfell
(früher Antilope) für starke Spannung |
hell, laut, sehr gut differenzierbare Ton - Bass
- Slap - und Flamschläge, großes Klangspektrum als ideale Solotrommel,
Begleitinstrument |
Doum Doum |
Mali, Burkino Faso, Guinea |
zylindrische Basstrommeln beidseitig mit Kuhfell
bespannt, wird mit Schlagstöcken gespielt |
zusätzlich mit Metallglocken ausgestattet, die
sehr oft mit der linken Hand asynchron zum Trommellauf |
Doundounba
Sangban
Kenkeni |
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die große Basstrommel
die mittlere Basstrommel
die kleine Basstrommel |
satter tiefer Klang für das große TamTam warmer
Klang, ideale Ergänzung der Doundounba Führungstrommel für die
s. g. Off - Beat betonten Time - Pattern |
Afrikanische Tänze
Tänze der Krieger |
dienten dem Üben von Techniken des Schwert-
und Speerkampfes, der Abwehr von Angriffen, entwickeln der entsprechenden
Muskeln, rituelle Vorbereitung auf Kriegshandlungen, Besiegen
der Angst durch das Zeigen von Kraft und Stolz und kollektivem
Zusammenhalt
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Liebestänze z.B. |
anmutige, kraftvolle und energische Tänze,
die sehr oft bei Vollmondfesten, Hochzeiten und Jahresfeiern
getanzt werden
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Yankadi und Macru |
sind Rhythmen der Susu aus Guinea. Sie werden
bei Festen für junge Frauen und Männer gespielt, um sich kennen
zu lernen und sich zu verführen. Der Tanz beginnt mit dem langsamen
Yankadi, mit weichen Windungen des Körpers. Die beiden Geschlechter
stehen in Reihen gegenüber und tanzen langsam auseinander zu.
Wenn ein junger Mann Gefallen an einer jungen Frau findet, legt
er ihr einen bunten Schal als Zeichen seiner Liebe um. Das ist
das Zeichen für den Wechsel. Die Reihen lösen sich auf und es
wird individuell der wesentlich schnellere Rhythmus Macru mit
vielen erotischen Bewegungen getanzt. Es wird während des Festes
häufig zwischen den Rhythmen hin und her gewechselt und die
Tänzer und Tänzerinnen kommen sich immer näher. So wurde schon
so manche Ehe gestiftet
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Tänze zu Initiationsriten |
Tänze für junge Menschen, die in die Welt
der Erwachsenen eingeführt werden. Diese Tänze müssen vor allen
Zuschauern gut gemacht werden und geben damit das Vertrauen
nun formell von den Erwachsenen anerkannt zu werden. Das macht
stolz und führt zu einem tieferen Verständnis für die Gemeinschaft
und das Zusammengehörigkeitsgefühl
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Soli Lente und Soli Rapid |
begleiten die Mädchen und Jungen der Malinke
ins Erwachsenenalter, während sie in die Geheimnisse von Mann
und frau eingeführt werden. Das Spielen der Rhythmen beginnt
schon 3 Monate vor der Zeremonie und endete früher mit der umstrittenen
Beschneidung. Er ist bis zum Abend der Zeremonie immer öfter
zu hören. Bei der feierlichkeit tanzen die Mädchen und Jungen
die ganze Nacht durch Der langsame 4/4 Soli Lente wird von den
älteren Menschen getanzt, während die Jungen zu dem schnellen
12/8 Rhythmus sehr ausgelassen tanzen
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Begrüßungstänze |
zur Begrüßung, Ehrerbietung und Respektierung
von Ankömmlingen, Gästen und Freunden, aber auch zur Selbstdarstellung
der eigenen Talente und Attraktivität
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Orisha - Tänze |
Orishas sind die Götter vieler Formen afrikanischer
Religionen, als bekannteste z. B. Candomblé, Santerie, Yoruba,
Voodoo und Macumba. Jeder Orisha hat seine eigenen Farben, Tage,
Zeiten, Speisen und Getränke, seine Musik und natürlich seinen
eigenen Tanz. Damit wird der Orisha geehrt, um Hilfe oder Führung
gebeten oder versucht ihn zu versöhnen, falls er verärgert scheint.
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Anrufung der Geister |
Diese Tänze sind überall in Afrika anzutreffen
und spielen in vielen afrikanischen Religionen eine wichtige
Rolle. Sie stellen die Verbindung zu den Geistern her. Es kann
der Geist einer Pflanze, eines Ahns oder der Geist des Waldes
sein, der gerufen wird und von dem Tänzer Besitz ergreift. Wenn
der Geist des Waldes angerufen wird, so ist darin u. a. auch
die Bedeutung zu erkennen, dass viele Bäume unter der Erde mit
ihren Wurzeln miteinander verbunden sind.
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Anrufung Kakilambe |
ist ein Rhythmus aus West - Guinea vom Stamm
der Baga aus der Region Boké. Kakilambe ist der große Geist
des Waldes und der Herr des Wassers, des Regens, des Windes
und des Feuers. Er wird durch die Trommeln und das Tanzen herbeigerufen
und erscheint als große Maskenstatue, die aus dem Wald in das
Dorf getragen oder durch einen Maskentänzer verkörpert wird.
Kakilambe tritt als ein Orakel auf und wird von den Medizinmännern
zu zukünftigen und gegenwärtigen Ereignissen wie z. B. Trockenheit
oder Regen, Ernten, Konflikten oder gar Kriegen befragt und
ob alles gut ausgehen wird.
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Anrufung Moribayassa |
ist ein Tanz und Rhythmus aus dem Nordosten
Guineas, der von Frauen getanzt wird, wenn ihnen ein Herzenswunsch
in Erfüllung gegangen ist. Dem voran steht das Gelübde, als
letzte Rettung vor einem bestehenden Problem, den Moribayassa
zu tanzen, wenn sich z. B. der langersehnte Kinderwunsch einstellt,
eine schwere Krankheit besiegt wurde oder sie von ihrem heimlich
geliebten Wunschmann erhört wurden. Zu diesem Tanz kleidet sie
sich in alte Lumpen und darf sich vollkommen ausgelassen zeigen
oder alle Tabus brechen, was sie sonst niemals tun würde. Dabei
wird das Dorf, begeleitet von den Trommlern, Sängern und Kinder,
mehrmals umrundet und alle feiern das freudige Ereignis mit.
Zum Abschluss werden die alten Kleider unter einem Mangobaum
auf dem Dorfplatz vergraben oder verbrannt. Dieser Baum wird
oft Moribayassa genannt
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Bala Kulandyan |
ist ein sehr alter Rhythmus und Tanz aus
der Malinke Tradition. Der Bala Kulandyan ist vergleichbar unserem
Storch, ein langbeiniger Vogel der am Meer vom Fischfang lebt
und für den Segen steht, der es bedeutet Kinder zu bekommen.
Famadou Konate hat die Botschaft des Bala Kulandyan in folgende
Worte gefasst : Ich fische um mich zu ernähren und ich fliege
um mich fort zu bewegen. So verbinde ich die beiden Schöpfungen,
das Meer, in dem ich meine Nahrung finde und den Himmel an dem
ich fliege. Ich erteile euch den Rat : das wichtigste im Leben
sind Kinder. Frauen, die keine Kinder bekommen, können mich
um Hilfe bitten. Bringt mir hundert Dinge und ich werde euch
helfen. Der Rhythmus bei vielen Festen gespielt, bei denen es
um Kinderwunsch geht, so auch bei dem s.g. Seifenfest, dem Safina
malö. Das Seifenfest findet 3 tage vor der eigentlichen Hochzeit
statt und ist ein Tanzfest der Frauen, die für das Brautpaar
bzw. für das sich hoffentlich bald einstellende Baby Geschenke
wie z. B. Seifen, Handtücher, Kleidung, Bürsten, Cremes usw.
bringen und damit den Kinderwunsch aktiv unterstützen
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Dies sind einige der wichtigsten Rhythmen und Tänze aus Westafrika
und Guinea, das aber noch viele weitere traditionelle Rhythmen wie
Kotedjuga |
der Rhythmus der Clowns, |
Soma Sangi |
einem der Tänze der starken
Männer, |
Kendé |
der zur Erntezeit der Hirse
gespielt wird , aber auch modernere Rhythmen wie z. B. |
Libertè |
der auf eine bekannte Ballettgruppe
gleichen Namens zurück geht |
zu bieten hat und deren Reichtum und Vielfalt nahezu unerschöpflich
wirkt.
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